Freitag, 7. September 2007

Petrus der Regen und die Medien

Über was sollte "Himmel über Wien" berichten, wenn nicht über den Papstbesuch. Und es mutet fast ironisch an, das dieses Blog "Himmel über Wien" heißt, denn eben jener, der Himmel über Wien, scheint diesen Besuch, zumindest momentan ein wenig ins Wasser fallen zu lassen, denn es regnet unaufhörlich. Dementsprechend musste zugleich die Begrüßung des Heiligen Vaters am Flughafen in einen Hanger verlegt werden. Währendessen standen schon eine größere Anzahl vor allem junger Menschen am Platz "Am Hof" um den Heiligen Vater begrüßen zu können, was dieser dann auch mit einem "Ich habe gehört, dass Sie schon drei Stunden da stehen; ich kann Sie nur bewundere und Vergelts Gott sagen." beachtete.

Da stand er nun, auf dem Balkon der Kirche "Zu den neun Chören der Engel". Ein kleiner Mann, relativ weit entfernt, der winkte, soviel konnte man erkennen. Ein paradoxes Gefühl, wie im vorherigen Beitrag beschrieben, kam auf, nämlich eine seltsame Unberührtheit, ein gewisses Unwohlsein in mitten der den Papst zujubelnde Masse - der Heiliger Vater war nur ein Mensch, einer von uns, wie es so heißt, einer, der nichts wirklich Besonderes ausstrahlt, aber gerade das macht ihn so sympathisch, indem er sich frenetischen Erwartungen wiedersetzt und die Situation auf persönlicher Ebene, für den Moment eigenartig enthistorisiert und mit seiner Ernsthaftigkeit die Möglichkeit zu einem tieferen Zugang bietet (das Bewusstsein über die Größe des Momentes kommt aber später doch zurück) - und zugleich ist dort dieser andere Teil des Gefühls, der aufscheint, wenn man auf die riesigen Videowände blickt. Überlebensgroß, sein Gesicht die Leinwand ausfüllend schaut er liebvoll auf uns hinab - so kennen wir ihn, so verehren wir ihn und so wird auf komische Art und Weise das Bild vom Heiligen Vater auf dem Bildschirm realer, vom Gefühl echter anmutend (was es aber gerade nicht ist), als die kleine Person dort vorn auf den Balkon, weil hier die Größe des Bildes die Größe des Gefühls bestimmt (wahrnehmungspsychologisch und filmwissenschaftlich keine neue Erkenntnis), freilich mit der wissenden Komponente, dass dies alles echt ist, d.h. das was ich sehe sich zugleich vor mir abspielt und ich somit gewissermaßen Teil eines medialen Raumes bin.

Hier treffen wir auf die Macht der Medien, denn der mediale Raum ist zugleich ein historischer bzw. simuliert d.h. konstruiert einen solchen historischen Raum, den wir zunehmend als den echten Raum der Geschichte akzeptiert haben, obwohl er es natürlich keineswegs ist. Und auch wenn er es noch nicht ist, wird alles daran gesetzt ihn dazu zu machen - Geschichte wird mit und in Medien gemacht (siehe "11. September 2001"). Insofern ist es nicht verwunderlich, dass der nach Unsterblichkeit (in welcher Form auch immer) strebende Mensch, der, wie im vorherigen Beitrag gesagt, somit in die Geschichte drängt, sich auch in die Medien oder zumindest in die Nähe von herausstechenden Personen der Medienöffentlichkeit, eben des medialen Raumes drängt.

Um so verheerender muss es fast anmuten, wenn dieser mediale Raum zusammenzubrechen droht, wenn ein Papst nicht mehr gehört und gesehen wird und nur noch eine kleine unscheinbare Figur ist. So geschehen heute mittag, als er Heilige Vater gerade ansetzten wollte die gehörte Lesung auszulegen. Plötzlich viel der Strom aus und nichts war mehr zu hören und auch das freundliche Gesicht von der Videowand war verschwunden, die fortan schwarz blieb. Es herrschte verwirrte Unsicherheit allerorten bis schließlich irgendwann der kleine weiß-rote Mann auf dem Balkon die Arme scheinbar zum Apostolischen Segen hob und schließlich verschwand.

Wer in diesem kleinen weiß-roten Mann nicht nur die medial-historische Person sah, sondern durch sie hindurch, schon durch die Bildschirme, als sie noch liefen, wer durch die übermenschlichen Großaufnahmen hindurch Petrus erkennen konnte, einen einfachen Fischer, der eben nichts wirklich Besonderes ausstrahlt, erkannte vielleicht auch sein wahres Anliegen, denn "Zu ihm hat Christus das Wort gesagt, das wie ein Felsen die Kirche durch die Jahrhunderte trägt: "Du bist Petrus, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen, und die Mächte der Unterwelt werden sie nicht überwältigen"

(Mt 16,18). Dieses Wort Jesu gilt. Christus selber baut seine Kirche, auch heute. Sie ist nicht bloßes Menschenwerk, obwohl so viel Menschliches an ihr ist, an Großem und an Schwachem. Deshalb lebt die Kirche, weil Christus sie trägt und stets durch seinen Geist erneuert.

[Im] Heiligen Vater ist diese Zusage Jesu Gegenwart. "Du bist Petrus"! "Auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen!" Petrus wie seine Nachfolger waren und sind Menschen mit ihrer Größe und ihren Bedrängnissen. Aber Christus ist treu. Auch heute baut er seine Kirche auf Petrus, den Fels! Jesus hat Petrus den Auftrag gegeben:

"Stärke deine Brüder!" (Lk 22,32). Ja, Heiliger Vater, stärken Sie ihre Brüder und Schwestern! Die Kirche in Österreich ist durch notvolle, schmerzliche Zeiten gegangen. Wir sind in Gefahr, mutlos zu werden, zu resignieren oder gar die Hoffnung zu verlieren. Stärken Sie unseren Glauben, Heiliger Vater! Lenken Sie unseren Blick neu auf Christus! Denn Er ist unsere Zuversicht und unsere Hoffnung!" (Aus den Begrüßungsworten Christoph Kardinal Schönborns)

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